Papierflieger hat wohl jeder von uns schon mal in seiner Schulzeit gebastelt. Der eine mehr, der andere weniger routiniert. Bei einem traditionellen Origami-Kranich sieht die Sache dann womöglich schon anders aus. Wenn Sie jetzt aber denken, dass wir damit am Zenit der Faltkunst angelangt sind, dann haben Sie sicherlich noch nichts von dem Haus der britischen Firma Ten Fold gehört.

Stein auf Stein – das gehört damit der Vergangenheit an. Alles was Sie für dieses neue Hauskonzept brauchen, ist die Schwerkraft und einen ebenen und tragfähigen Boden. Denn eine raffinierte Klapp- und Falttechnik macht es möglich, dass innerhalb von zehn Minuten aus einem unscheinbaren Container ein vollwertiges Gebäude entsteht. Möchte man später den Standort wechseln, wird die Konstruktion durch eine gesicherte Winde langsam in die Ursprungsform der kompakten Kiste zurückverwandelt. Und einem Umzug samt Haus steht somit nichts mehr im Wege.

https://www.youtube.com/watch?v=dZ2cPAdreQU

 

Für das individuelle Flair bietet das Unternehmen unterschiedliche Materialien und Farben für die Boden-, Wand- und Dachgestaltung an. Auch können Fenster und Türen sowie die nicht tragenden Innenwände nach den Wünschen der Käufer versetzt werden. Ausgestattet ist das mobile Heim mit Anschlüssen für Strom, Wasser und Abwasser. Bevorzugen Sie lieber das autarke Wohnen? Kein Problem. Für die täglichen Bedürfnisse sind laut Anbieter auch Wassertanks, Solarpaneele und sogar eine Komposttoilette möglich.

Ten Fold sieht sein Produkt aber nicht nur für (zukünftige) Eigenheimbesitzer, sondern überall dort, wo kurz- oder mittelfristig Wohn- oder Geschäftsräume benötigt werden. Hier wären zum Beispiel Konzerte oder Touristenattraktionen zu nennen, aber auch der Einsatz nach Naturkatastrophen in Form von Notunterkünften oder Erste-Hilfe-Stationen ist denkbar.

 

Tiny Houses – Kleine Häuser ganz groß

Erinnern sie sich noch an die dramatischen Bilder aus dem Jahr 2005, als der Hurrikan Katrina im Südosten der USA gewaltige Schäden anrichtete? Schätzungen zufolge wurden durch den Sturm rund eine Million Menschen obdachlos. Erst in trostlosen Wohncontainern aus Aluminiumblech untergebracht, entstanden nach und nach für die Flutopfer die sogenannten „Katrina Cottages“. Der unschlagbare Vorteil dieser kleinen Häuser: Sie konnten kostengünstig und schnell errichtet werden. Faktoren, die zu dieser Zeit immens wichtig waren.

Was damals aus der Not heraus geboren wurde, entwickelte sich zu einer regelrechten Tiny-House-Bewegung. Jetzt könnte man denken, dass die überschaubare Wohnfläche von maximal 46 qm lediglich für ein beschauliches Gartenhäuschen reicht. Aber weit gefehlt. Denn Tiny Houses sind zwar klein, aber oho. Bieten sie ihren Bewohnern doch alles, was sie zum Leben brauchen. Von der Kochnische über einen Wohn- und Schlafbereich, bis hin zu Dusche und Toilette. Oft auf Rädern gebaut, offerieren sie eine Mobilität, die einem 0815-Eigenheimbesitzer in dieser Form verwehrt bleibt. Trotz dieser Vorteile geht hierzulande der Trend zum Tiny House noch eher schleppend voran. Grund könnten die komplizierten Bauvorschriften und Straßenverkehrsordnungen sein, die einem im Wege stehen. Denn selbst das kleinste Wohngebäude benötigt in Deutschland eine Genehmigung. Aus der Traum von Freiheit und Unabhängigkeit. Au revoir kleine Waldhütte am See – fernab der Zivilisation. Zumindest für den dauerhaften Wohnsitz.

 

 

Das grüne Haus – Zwischen Pflanzenkläranlage und Holzofen

Der Wunsch nach autarkem Wohnen ist hierzulande deutlich wahrnehmbar. Aber der Pfad zwischen vollkommener Unabhängigkeit und der Pflicht zur externen Versorgung ist in Deutschland schmal. Trotzdem gehen ihn immer mehr Bauherren. Der österreichische Anbieter Wohnwagon hat diesen Trend für sich entdeckt. Sein angebotenes Mini-Haus ist ganzjährig bewohnbar und erreicht mit 97% eine fast vollständige Autarkie. Möglich macht das unter anderem ein wasserführender Holzofen mit Speichersystem. Von April bis Oktober werden Heizwärme und Warmwasser durch eine Photovoltaik-Anlage mit Hilfe der Sonne erzeugt. In den übrigen Monaten übernimmt das ein Ofen – gefüttert mit Holz oder Pellets. Ein zusätzlicher Pufferspeicher schafft darüber hinaus einen Wärmevorrat. Frieren muss also keiner der Bewohner – auch nicht im Winter. Doch damit nicht genug. Zusätzlich kann der Bauherr eine Komposttoilette und – für die Grauwasserreinigung – eine Pflanzenkläranlage hinzubuchen. Klingt schön, ist aber leider nicht ganz billig. So startet die Basisversion inklusive Wärmepaket bei 130.000 EUR. Entscheidet man sich zusätzlich für autarken Strom und Wasser, muss man noch tiefer in die Tasche greifen. Ab 195.000 EUR geht es hier aufwärts.

 

 

Darf es ein bisschen günstiger, aber trotzdem nachhaltig sein? Dann wäre vielleicht ein Earthship-Haus genau das richtig für Sie. Was nach einem Raumschiff aus Star Wars klingt, sieht auch wirklich ein wenig so aus. Mit den Erdschiffen sollen Strom- und Wasserrechnungen der Vergangenheit angehören.

Günstig. Energiesparend. Autark. Das sind die Schlagwörter, die dieses Hauskonzept charakterisieren. Gebaut hauptsächlich aus Materialien, die weltweit im Überfluss vorhanden sind und recycelt beziehungsweise nachhaltig erzeugt werden können. Und wenn Sie bisher dachten, dass Autoreifen lediglich den Zweck hatten, Sie mit Hilfe des Autos von A nach B zu bringen, dann müssen wir Sie enttäuschen. Auf der Suche nach einem nachhaltigen Baumaterial erkannte Michael Reynolds, der Erfinder hinter den Earthships, eins sehr schnell: Die mit Erde gefüllten Reifen dämmen zum einen hervorragend, zum anderen besitzen sie eine hohe Stabilität. Und es gibt sie im Überfluss. Allein in Deutschland fallen pro Jahr rund 650.000 Tonnen Altreifen an.

Gebaut aus diesem Material werden drei Wände des Hauses, die später mit Lehm verputzt und teilweise von einem Erdwall umschlossen werden. Die vierte Wand ist hingegen komplett verglast und zeigt Richtung Süden. Durch die Sonnenstrahlung dient sie als Heizung und Wintergarten. Ergänzend wird in heißen Gebieten ein Kühlsystem, in kalten Gegenden ein Kaminofen verbaut. So bietet das Earthship ganzjährig ein angenehmes Wohnklima. Als Energiequellen dienen zudem kleine Windräder und eine Photovoltaik-Anlage.

https://www.youtube.com/watch?v=2YTpnlIc7Co

 

Aber wie sieht es mit der Wasserversorgung aus? Und hier sind wir an dem Punkt, an dem diese Häuser in Deutschland scheitern könnten. Bekommt Reynolds bei der Vorstellung, Regenwasser zu reinigen und in den Wasserkreislauf zu bringen, glänzende Augen, sieht das bei den deutschen Beamten ganz anders aus. Und so war es eine kleine Sensation, als Mitte 2016 unerwartet das erste Erdschiff in Deutschland landen durfte. Der Kompromiss, den man damals schloss: Das Haus musste an die öffentliche Wasserversorgung und die Abwasserkanalisation angeschlossen werden.

Weltweit gibt es bereits über 1.000 Earthships. Neben den Materialien und der Autarkie ist der dritte Vorteil, dass man das Haus ohne besondere Vorkenntnisse erbauen kann. Ein wenig handwerkliches Geschick und ein paar fleißige Hände – und dem Traum vom Eigenheim steht nichts mehr im Weg.

 

 

Hör mal wer da hämmert

„Können wir das schaffen?“ Spätestens, wenn Bob der Baumeister seinen Werkzeuggürtel um die Hüfte schnallt, wissen nicht nur die Kleinsten vor dem Fernseher: „Yo, wir schaffen das!“. Do It Yourself (kurz DIY) – Ein Trend, der mittlerweile aus der Hipster-Szene auch auf den Otto-Normalverbraucher übergeschwappt ist. Ob das selbstgebastelte Geburtstagsgeschenk für Tante Hilde oder der schicke Couchtisch aus alten Euro-Paletten. Nichts scheint unmöglich. Warum dann auch nicht ein Haus selbst bauen? Verstehen Sie uns nicht falsch. Wir reden hier nicht von dem Hochziehen einer Gipskartonwand oder das Legen eines Fliesenspiegels. Das sind Peanuts. Wir reden von Schweiß, Anstrengung und dem euphorischen Gefühl, ein Haus vom Anfang bis zum Ende erbaut zu haben. Selbst anpacken. Das ist die Devise.

Sie haben als Kind gern mit Lego gespielt? Wie wäre es dann mit einem Holzhaus, das genau auf diesem Prinzip beruht. Die französische Firma Brikawood hat eine Baumethode entwickelt, die ohne Schrauben, Nägel oder Kleber auskommt. Alles was es braucht sind Holzziegel und ein Hammer. Jeder dieser Ziegel besteht aus vier Elementen, die durch Schwalbenschwanzverbindungen ineinandergesteckt werden. Anschließend füllt man zur Dämmung die Zwischenräume mit Holzspäne – einem Nebenprodukt, das bei der Herstellung der Ziegel anfällt. Und am Ende entsteht ein Haus, das jeder von uns zusammen mit wenigen Freunden in kurzer Zeit selbst errichten kann.

https://www.youtube.com/watch?v=ierqMW_FxfE

 

Im Wandel der Zeit

Das Wohnen verändert sich. Größe, Form und Material von Bauwerken haben einen großen Einfluss auf unser Wohlbefinden. Die Bedürfnisse des Einzelnen werden immer mehr berücksichtigt. Weg vom 0815-Haus hin zum individuellen Bau. Maximale Flexibilität ist gefragt. Raumstrukturen lösen sich auf – das Wohnzimmer wird zum Home Office, der große Flur zum Esszimmer.

Auch das Thema Mobilität rückt peu à peu immer mehr in den Fokus. Den beruflichen Anforderungen ist diese Entwicklung geschuldet, denn die modernen Berufsnomaden wuseln mehr denn je wie kleine Ameisen quer durch Deutschland. Das unterstreicht auch eine repräsentative Umfrage der Bertelsmann Stiftung, nach der fast jeder vierte Erwachsene schon einmal aus rein beruflichen Gründen umgezogen ist. Und das wirkt sich auch auf den Hausbau aus. Auf immer und ewig – das Modell hat irgendwann ausgedient. Lebenslang war gestern.

Ein neuer Trend ist ebenfalls das Thema Nachhaltigkeit. Nicht nur bei den Müslimädchen und Jesus-Schlappen-Trägern im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Grüne Ideen sind salonfähig geworden. Auch für Lieschen Müller.

Sie sehen: So individuell jeder Einzelne ist, so unterschiedliche Wohnraumkonzepte gibt es auch. Sind Sie vielleicht selbst Hausbesitzer oder planen Sie ein Eigenheim? Dann nutzen Sie doch einfach unsere Kommentarfunktion und schreiben Sie uns, was Sie von den neuen Möglichkeiten halten. Zukunftsträchtig oder Hirngespinst. Was denken Sie?

 

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Über den Autor

Leiter Business Intelligence bei sachcontrol GmbH

Im Jahr 2008 als Kalkulator bei sachcontrol gestartet war der studierte Diplomingenieur zwischenzeitlich das Oberhaupt der Abteilung BI & Prozesse. Mit messerscharfen Analysen bändigte er und sein Team die Datenströme und wandelte sie gekonnt in Umsätze. Seit September 2020 übernimmt er das Zepter als Geschäftsführer der sachcontrol GmbH. Scannt er mal keine Geschäftsprozesse, reist er mit seiner Familie gern durch nahe und ferne Länder.