sachjournal im Gespräch – Solera und In4mo über den “Familienzuwachs” und optimierte Schadenprozesse (Teil 1)
Vor einiger Zeit wurde In4mo von Solera gekauft. Um uns etwas mehr über das neueste Mitglied in der Solera-Familie zu berichten, begrüßen wir heute dazu Martin Lin Lundberg von Solera und Jean-Christophe André von In4mo. Möchten Sie gern die Gelegenheit nutzen, sich unseren Lesern näher vorzustellen?
Martin Lin Lundberg: Mein Name ist Martin Lin Lundberg und ich komme aus Schweden. Seit über 20 Jahren arbeite ich in der Versicherungsbranche in unterschiedlichen Bereichen. Meine aktuelle Wahlheimat ist Zürich. Zuvor habe ich aber auch schon in Amsterdam und Paris gelebt. Bei Solera bin ich Product Owner für Solera Property Solution weltweit. Das beinhaltet Solera Property Solution (SPS), Allianz Property Solution (APS) und In4mo Building Claims.
Jean-Christophe André: Hallo, ich bin Jean-Christophe André, Franzose und seit drei Jahren bei In4mo. Zuvor habe ich lange Zeit für Nokia in der Telekommunikationsbranche gearbeitet. Bei In4mo bin ich für die strategische Planung und das Marketing zuständig. Ich helfe dem Unternehmen also zu entscheiden, wie die zukünftige Entwicklung aussieht.
Erzählen Sie uns doch bitte etwas mehr, wofür In4mo steht.
Jean-Christophe André: Der Name In4mo hat überraschenderweise gar keine versteckte Bedeutung. Unser Geschäftsführer Kursat Inandik würde wahrscheinlich sagen, dass es für „Information for mobile“ steht. Aber man könnte darin genauso gut „Insurance for mobile“ interpretieren.
Gegründet wurde das Unternehmen im Jahre 2007. Mittlerweile zählen bereits 65 Mitarbeiter aus fast 20 Ländern zum In4mo-Team, verteilt auf die Standorte in Finnland, Polen, Deutschland, Dänemark und der Schweiz.
In den ersten Jahren haben wir an der Entwicklung von technischen Lösungen für mobile Geräte gearbeitet. Wir wollten etwas wie WhatsApp kreieren. Aber das war noch in der Zeit, als sich die großen Sozialen Netzwerke gerade erst entwickelt haben. Ich glaube, wir waren damals einfach zu früh dran mit unserer Idee.
Nach zwei Jahren wurde daher entschieden, dass die Firma ihre vielfältigen technologischen Kompetenzen anderweitig einsetzen muss. Also wurden damals viele Gespräche mit Repräsentanten aus unterschiedlichen Industrien geführt, um zu erörtern, wo wir mit unseren Kompetenzen einen Mehrwert schaffen könnten.
Der für uns interessanteste Markt waren schlussendlich die Versicherungswirtschaft – besonders deren Schadenprozesse. Wir haben uns dann sehr intensiv mit diesen beschäftigt und nach Lösungen gesucht, um diese gezielter zu steuern. Zum Beispiel über die Kommunikation oder das Verfassen der Berichte via Smartphone und Tablet am Schadenort. Das gefiel den Versicherungsunternehmen. Und so haben wir Ende 2009 folgerichtig unseren Fokus auf sie gelegt.
Vielen Dank für die kurzen Vorstellungen. Vor einigen Monaten kam In4mo zur Solera Gruppe hinzu. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Martin Lin Lundberg: Solera hatte mit SPS einen Status erreicht, in dem der sachcontrol Reparatur und Preiskatalog vollständig integriert war. Damit hatten wir ein großartiges Werkzeug für die Kalkulation vor Ort, die für die Sachverständigen auch sehr gut funktioniert hat, wenn sie die Schäden besichtigt hatten.
Aber wir haben schon vor einiger Zeit erkannt, dass auch der gesamte Workflow rund um die Schadenbearbeitung ein entscheidendes Puzzleteil ist. Also zum Beispiel, wie man mit dem Handwerker in Kontakt tritt oder verschiedene Personen, die im Schaden eine Rolle spielen, verbindet.
Also haben wir zum einen analysiert, wie viel Aufwand und Zeit es kosten würde, um eine Lösung zu entwickeln, die unseren Anforderungen gerecht werden würde. Zum anderen haben wir uns auch auf dem Markt nach Lösungen umgeschaut, die man akquirieren kann. Dabei sind wir auf In4mo gestoßen.
Mein Kollege Brian Filip und ich haben das Unternehmen dann besucht. Ich erinnere mich noch sehr gut an die erste Präsentation von In4mo. Wir waren sehr beeindruckt von dem Workflow zwischen der Versicherung, dem Sachverständigen, dem Versicherungsnehmer, dem Handwerker und noch vielen anderen. Da steckten bereits drei Jahre Entwicklungszeit drin. Für uns war das ein guter Grund, In4mo in die Solera-Familie aufzunehmen.
Jean-Christophe André: Von In4mo war die Geschichte natürlich etwas anders. Wir wussten, dass Solera stark im Bereich KFZ-Schäden ist und dort eine interessante Produktpalette für viele Kunden anbietet und, dass zu dem Konzern bereits einige Firmen gehören, die im Sachschaden zuhause sind. Über SPS wussten wir nur vage, was es leistet. Aber wir haben schnell erkannt, dass es noch keine Plattformlösung wie In4mo bei Solera gab.
Zusammen hatten wir vor dem Kauf viele interessante Gespräche mit Solera. Ich denke, dabei konnten wir sie von uns begeistern: Der End-to-End-Workflow, die verschiedenen Ansichten für Schadenbeteiligte oder die Kostenkalkulation – um nur einige interessante Punkte zu nennen.
Und als kleine Firma aus Nordeuropa gab es für uns einige Vorteile darin, zu einem großen Konzern zu gehören – vor allem, um unsere Plattform auch in andere Länder zu tragen. Ergänzend zu all dem, was eben gesagt wurde, hat es für uns vor allem wirtschaftlich Sinn gemacht. Wir wollten etwas Besonderes bauen und als kleines Unternehmen war es immer schwer, die nötigen Ressourcen dafür zu finden. Mit Solera haben wir nun die wirtschaftliche Unterstützung, die wir gesucht haben.
Lassen Sie uns etwas genauer auf Ihre Kernkompetenzen bei In4mo schauen. Sie haben gerade schon angedeutet, dass Sie im Versicherungsmarkt aktiv sind. Was sind die Probleme, die Sie für Ihre Kunden zu lösen versuchen? Und was machen Sie besser als der Markt?
Martin Lin Lundberg: Einer der wichtigsten Punkte für jede Versicherung ist es, Kosten und Schadenaufwände zu kontrollieren. Was Solera gemeinsam mit sachcontrol gemacht hat, ist einen Standard Reparatur- und Preiskatalog zu entwickeln, der mittlerweile in Deutschland und Österreich sowie teilweise in der Schweiz und Frankreich eingesetzt wird. Und das garantiert den Versicherungen Einsparungen.
Ein weiterer Punkt ist, dass wir diese Kalkulationen immer wieder wiederholen können. Und zwar in einer transparenten und skalierbaren Art. Dadurch sind Versicherungen nicht auf die „versteckte“ Expertise der Schadenregulierer angewiesen. Das klingt zunächst etwas negativ, aber man muss sich erinnern, dass die Regulierer in der Vergangenheit mit Zettel und Stift zu den Schäden gefahren sind, Notizen und Fotos gemacht und anschließend kalkuliert haben. Diese ganzen Informationen sind dann aber immer beim Regulierer geblieben und der Versicherung wurde letztlich nur eine recht knappe Information zu Schadenhöhe gegeben.
Mit In4mo und SPS haben wir einen anderen Ansatz. Wir geben den Regulierern ein Werkzeug, mit dem Sie die Reparaturleistungen aus standardisierten Leistungen und Leistungsbündeln zusammenstellen können. Und das kann bei jedem weiteren Schaden aufs Neue wiederholt werden. Damit offerieren wir den Versicherungen eine sehr hohe Genauigkeit in der Kalkulation sowie Transparenz und Vertrauen gegenüber dem Kunden. Zudem bieten wir mit unserer Lösung Effizienz und Effektivität.
Jean-Christophe André: In4mo arbeitet genau an der Schnittstelle zwischen den zwei Industrien „Versicherung“ und „Bauhandwerk“. Um genau zu sein: der Sanierung. Für diese Schnittstelle haben wir zwei Produkte. Eines für die Versicherungen im Gebäudeschaden und eines für die Handwerker, die im Auftrag der Versicherungen arbeiten. In beiden Produkten ist der Kalkulationsteil sehr wichtig. Das kann man auf herkömmliche Weise machen: mit Zettel und Stift. Und dann verbringt man am Abend noch drei Stunden im Büro, um die Angebote zu schreiben. Oder man vereinfacht die ganze Sache. Unsere Idee ist es, dass der Bericht direkt vor Ort bei der Schadenbesichtigung erstellt werden kann. Wir wollen den unnötigen administrativen Aufwand loswerden, um den richtigen Bericht und die richtige Kalkulation der Versicherung zur Verfügung zu stellen.
Einige Versicherungen wollen aber noch viel mehr als nur eine Kostenschätzung und Auszahlung. Sie möchten einen guten Service für die Kunden liefern, die Reparatur organisieren und die Kontrolle über den gesamten Prozess erreichen. Auch diesen Ansprüchen werden wir gerecht.
Was dabei unser Produkt ausmacht? Wir digitalisieren die Schadenabwicklung und machen damit alle am Schaden beteiligten Personen – nicht nur die Versicherung oder den Handwerker, sondern alle Beteiligten – effizienter. So wird nicht nur weniger Zeit vergeudet, sondern auch Entscheidungen können einfacher getroffen und darüber informiert werden. Der gesamte Prozess wird schneller, denn wir wissen: Zeit ist Geld. Je länger ein Prozess dauert, desto teurer wird es.
Und wir glauben stark an Transparenz. Wie Herr Lundberg bereits erwähnt hat, zeigt sich Transparenz in der Art und Weise der Kalkulationen und in der Qualität der Daten. Dafür schätzen wir sachcontrol besonders, da das Unternehmen uns reale Daten liefert. Es gibt ein System, das echte Marktdaten generiert. Aber auch für den Versicherungsnehmer ist Transparenz sehr wichtig. Der Kunde soll wissen, was passiert, ohne immer wieder bei der Versicherung nachfragen zu müssen.
Bei unserer Arbeit sind wir zudem sehr pragmatisch. Als kleines Unternehmen ist es uns leichtgefallen, sehr gezielt auf Kundenbedürfnisse einzugehen und nicht einfach nur am Reißbrett Technologien zu entwickelt. Daher glauben wir, dass wir unseren Kunden durch unsere Fokussierung wirklich gute Lösungen bieten können.
Dabei wollen wir aber nicht nur einem Schadenbeteiligten Vorteile verschaffen, sondern das gesamte System soll nachhaltig profitieren. Dafür darf man aber niemanden auf Kosten der anderen übervorteilen. Die Konsistenz muss in alle Richtungen arbeiten.
Martin Lin Lundberg: An dieser Stelle ist es mir auch wichtig zu sagen, dass wir nicht versuchen den Gutachter oder jemand anderen in dem gesamten Prozess zu ersetzen. Im Gegenteil, wir möchten die Arbeit einfacher und effizienter machen und dabei sicherstellen, dass weniger Fehler gemacht werden, indem wir die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Dazu stellen wir all diese Unterstützung in einem digitalen Werkzeug zur Verfügung, das die Gutachter zu den Besichtigungen mitnehmen können. Ob beispielsweise Versicherungsbedingungen, Preise oder Regelwerke – das alles finden man kompakt in einem Tablet.
Erfahren Sie am 2. Oktober im zweiten Teil unseres Interviews, warum In4mo in den skandinavischen Ländern so erfolgreich ist und wie Solera diesen Vorteil auch für seine deutschsprachigen Kunden nutzen wird.
Weiter zu Teil 2 des Interviews
Über den Autor
Nach acht Jahren Südafrika kehrte er im Jahr 2016 zurück nach Deutschland und unterstützt seitdem als Marketingleiter sowie als Leiter Produktion & Service das Team von sachcontrol. Mit seinem Blick für das große Ganze setzt er die Marke sachcontrol gekonnt in Szene, analysiert Kundenanfragen treffsicher und optimiert interne Prozesse für einen reibungslosen Ablauf. In seiner Freizeit begegnet man dem studierten Diplomkaufmann für Sportmanagement vor allem bei seinem Training für den Marathonlauf rund um Dresden.