Sollten wir uns vor der Digitalisierung fürchten?
Haben Sie sich schon für die Zukunft verändert? Angepasst an die Digitalisierung? Wir stecken mitten in der 3. industriellen Revolution, die unsere Welt von analog auf digital umstellt. Doch was heißt das eigentlich für unsere Gesellschaft? Wie verändert die digitale Transformation unsere Welt, unser Leben und unsere Zukunft?
Nun, mit völliger Gewissheit lassen sich diese Fragen nicht beantworten. Es wurden aber bereits die verschiedensten Szenarien aufgestellt, teilweise realistisch anmutend, teilweise eher der Stoff für einen Steven-Spielberg-Kassenschlager, die eine Prognose für kommende Entwicklungen wagen. Fakt ist aber, dass wir bereits mitten in einem immer schneller werdenden Prozess der Veränderungen stecken. In ein paar Jahren werden wir dann die üblichen „Ich habe es ja schon immer gesagt“ oder „Das hätte ich so nicht erwartet“ hören, je nachdem, welche Vorhersage sich als richtig herausstellen wird.
Digitaler Fortschritt wird nie wieder so langsam sein wie heute
Eines ist aber garantiert. Die Digitalisierung lässt sich ebenso wenig aufhalten, wie vor etwa zweihundert Jahren die industrielle Revolution. Und unsere Gesellschaft muss sich darauf einstellen – vor allem im Kopf. Wer sich heute noch widersetzt, weil er sich überrollt fühlt von der scheinbar rasanten Veränderung, steht vor einem bösen Erwachen. Viele Branchenkenner prophezeien, dass der technologische Fortschritt nie mehr so langsam sein wird, wie im Moment.
Sollte uns das Angst machen? Nein, aber es sollte uns sehr wohl zum Nachdenken anregen.
Die Anfänge des Computerzeitalters liegen noch nicht einmal hundert Jahre hinter uns. Heute kommt kaum noch jemand ohne Smartphone aus, die im Vergleich zu den nahezu lächerlich großen Kästen der Anfangszeit wie wahre Supercomputer anmuten. Google feierte im September seinen 20. Geburtstag (herzlichen Glückwunsch nachträglich), Facebook ist dieses Jahr 13 geworden. Und sogar das erste iPhone gab es noch gar nicht, als Deutschland im Jahr 2006 sein Fußball-Sommermärchen feierte. Es ist also noch gar nicht so lange her, dass die Global Player in der Tech-Welt das Licht der Welt erblickten und dennoch sind sie heute so eng mit unserem Leben verstrickt, als hätte es sie schon immer gegeben. Könnten Sie sich Ihr Leben ohne Internet und Smartphone überhaupt noch vorstellen?
Aber die Digitalisierung geht ja längst schon viel weiter. Google und Levi’s werden demnächst die erste Jacke (genannt „Jacquard“) auf den Markt bringen, mit der man telefonieren, im Internet surfen und chatten kann. Amazon hat es in Feldversuchen geschafft, die Zeit von der Online-Bestellung bis zur Auslieferung auf unter 15 Minuten zu reduzieren und bis das analoge Fahren Geschichte ist, werden wir vielleicht auch gar nicht mehr so lange warten müssen, wenn man den digitalen Vordenkern dieser Welt glauben mag.
Zugegeben, der digitale Wandel macht unser Leben in unzähligen Bereichen schneller, einfacher und bequemer. Aber wie sieht die Kehrseite der Medaille aus? Computer nehmen uns viele Tätigkeiten im Alltag und natürlich auch im Berufsleben ab. Es gibt nicht wenige Skeptiker, die anprangern, dass die Digitalisierung den Mensch in vielerlei Hinsicht überflüssig machen wird. Die größten Zyniker sagen voraus, dass in den kommenden 20 Jahren die Hälfte der Jobs, wie wir sie heute kennen, nicht mehr existieren wird. Klar, man braucht ja auch keine Bus- und Taxifahrer mehr, wenn Autos zukünftig sicher vom Computer gesteuert werden. Oder was soll der Postbote machen, wenn Pakete bald von Drohnen geliefert werden? Noch Zukunftsmusik? Überhaupt nicht. Für viele solche Projekte gibt es bereits sehr präzise Testprojekte und ein großflächiger Einsatz ist näher, als viele sich vorstellen können.
In manchen Branchen sind die Veränderungen der Digitalisierung bereits seit einigen Jahren schon besonders stark zu spüren. So wurden in Deutschland seit der Jahrtausendwende gut ein Viertel aller Bankfilialen geschlossen, weil die Menschen ihre Geldgeschäfte lieber bequem zu Hause am Rechner erledigen.
Deutsche sehen der Digitalisierung optimistisch entgegen
Es gibt aber auch viele Stimmen, die die Digitalisierung weitaus weniger bedrohlich für unsere Arbeitsplätze sehen.
Bereits während der ersten industriellen Revolution im 18. und 19. Jahrhundert verschwanden viele, teilweise sehr traditionsreiche Berufe. Zugleich wurden aber auch viele neue Berufe geschaffen, die sich die Menschen damals noch nicht einmal vorstellen konnten. Und wie wir heute wissen, hat die Industrialisierung uns nicht geschadet, sondern unseren Wohlstand merklich erhöht.
In Deutschland gibt es aktuell 328 staatlich anerkannte Ausbildungsberufe und Experten gehen nicht davon aus, dass besonders viele davon in Zukunft wegfallen. Jedenfalls nicht, wenn die Ausbildungspläne mit relevanten digitalen Inhalten ergänzt werden, um die Berufe zukunftsfähig zu machen.
Und die Digitalisierung schafft sogar zahlreiche neue Berufe, besonders auch auf akademischen Level. Von Social Media Managern, SEO-Spezialisten und Affiliate Marketing Managern haben viele mittlerweile bestimmt schon gehört. Aber wissen Sie auch, was Engagement Manager, Medientechnologen oder Feel Good Manager machen? Falls nicht, keine Sorge. Das ist an dieser Stelle auch nicht relevant. Wichtig ist nur festzuhalten, dass tatsächlich zahlreiche neue Berufsbilder entstehen, die wir vor vielen Jahren noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
So sind dann auch 75% der Deutschen der Digitalisierung gegenüber positiv eigenstellt und denken, dass sie daraus mehr Vor- als Nachteile gewinnen werden. Allerdings sieht ein Großteil der in einer Umfrage des Deutsche Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) durchgeführten Umfrage einen großen Handlungsbedarf bei der neuen Bundesregierung, um Deutschland technisch für den digitalen Wandel zu rüsten und die passenden Rahmenbedingungen für Innovation und eine Start-up-Szene zu schaffen und das Land so in eine Spitzenposition im Wettbewerb der Industrie 4.0 zu bringen.
Dabei müssen sich die Politik und Wirtschaft beim Ausbau von Infrastruktur investitionsfreudig zeigen. Ein flächendeckender Ausbau des Glasfasernetzwerkes wird gemeinhin als Grundvoraussetzung angesehen, um zukünftig im Konzert der Großen mitzuspielen. Klar, wie soll man denn sonst bei Themen wie Big Data und Smart Data mitreden können, wenn man gar nicht vernünftig mit Daten arbeiten kann? Und beim Ausbau des Glasfasernetzes ist Deutschland im europäischen Vergleich nur auf den hinteren Plätzen zu finden. Spitzenreiter sind hier übrigens Lettland und Litauen, wo jeweils über 80% der Haushalte an das Glasfasernetz angeschlossen sind. Da liegt also noch eine Menge Arbeit vor uns.
Auch die deutsche Wirtschaft hat durchaus noch Aufholbedarf. Vor allem, was die Einstellung zur Digitalisierung betrifft.
Oft schauen deutsche Spitzenmanager mit neidvollen Augen über den großen Teich ins Silicon Valley, wo Innovationen am Fließband hervorgebracht werden. Dort scheint man Digitalisierung förmlich in der DNA zu haben. Das können wir aber auch, jedenfalls dann, wenn Digitalisierung in die Kulturen der Unternehmen integriert wird.
Uns würde mehr Pioniergeist guttun. Ein Geist, der eine gewisse Vorfreude und kindliche Aufgeregtheit in uns weckt. Die Möglichkeiten der Digitalisierung erscheinen heute schon grenzenlos und wenn wir die Ängste vor Veränderung abbauen und durch die Neugier nach Fortschritt ersetzen, bleibt Deutschland auch zukünftig das Land der Dichter und Denker – allerdings im digitalen Sinn.
Zukunft hat auch in Deutschland schon begonnen
Und es gibt sie schon, die vielversprechenden Beispiele, die Hoffnung machen. So wie die Firma Agaplesion, die Deutschlands erstes „smartes Krankenhaus“ betreibt, die CODE Universität in Berlin, die „digitale Pioniere von morgen“ fördert oder das soziale Netzwerk WEPOLITICS, das bürgerliches Engagement fördert und Demokratie stärkt. Wenn wir es schaffen, ein Land von digitalen Pionieren zu werden, denen die richtigen Rahmenbedingungen und Infrastruktur zur Verfügung steht, dann muss wirklich niemand vor der Digitalisierung Angst haben.
Wir bei sachcontrol stehen dabei eng an Ihrer Seite. Wir denken heute schon an übermorgen, denn an morgen haben wir gestern schon gedacht.
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